Brügge, das Foto mit den zackigen Giebeln ist in Brügge entstanden. Wir waren eine Woche in den Niederlanden mit Abstechern in Amsterdam und sind über Brügge und Brüssel wieder heimgekehrt. Jetzt sitze ich mit dem Laptop im Garten neben Oreganotopf und Olivenbaum. Der Kater leckt den Tau von den Annabell-Blüten.
Etwas Schöneres kann ich mir kaum vorstellen. Ein Sommermorgen in den Ferien. Die Sonne fingert durch den Apfelbaum. Im Gras funkelt der Regen der vergangenen Nacht. Noch ist nichts zu spüren von der flirrenden Hitze, die für den Mittag zu erwarten ist. Das Internet reicht nur bis auf die Terrasse, die noch im Schatten liegt. Wenn der Fluss der Wörter stockt, dann nur, weil ich ab und an in die Sonne treten und mich ein bisschen wärmen muss.
Prinzessin (14) schläft noch, Kronprinz ist verreist. Niemand braucht ein Schulbrot. Niemand kann den Bus verpassen. Das Termin-Buch ist zugeklappt. Der Alltag hält Siesta.
Ich muss an den Artikel von Peter Linden denke, den ich seit Jahren in meinem Archiv hüte. Er beschreibt, wie er in Südfrankreich auf einer Terrasse sitzt und nichts genießt außer den Ausblick und sich selber:
Ich müsste ein schlechtes Gewissen haben, findet mein Reiseführer, jetzt, da ich doch eigens an die Côte d’Azur gekommen bin. 144 Seiten dick, schmettert er mir Sehenswürdigkeiten entgegen, preist Schluchten und Museen an, Märkte und Strände. Alphabetisch, nach Gebieten geordnet, sogar nummeriert – wunderbar übersichtlich. Trotzdem verharre ich bewegungslos. Ich sitze auf meiner Terrasse … und versuche, über den Horizont hinauszusehen.
Und am Ende schreibt Peter Linden:
Ich werde ohne Fotos heimreisen, und meine Freunde werden fragen, was ich die ganze Zeit getrieben habe. Sie werden all die Sehenswürdigkeiten abfragen wie der Lehrer in der Schule. Sie werden enttäuscht sein. Keine Bilder, werde ich sagen. Nichts besichtigt. Nichts erlebt. Bloß mich selbst.*
Bloß mich selbst. Die Sonne hat mein linkes Knie erreicht. Der Kater hat genug getrunken und hat sich vor dem Laptop auf meinen Schoß gequetscht. Mit dem Schlafanzugärmel wische ich über den staubigen Bildschirm.
Es ist so ein großer Unterschied, ob der Tag an einem vorbei rauscht oder ob man in ihn hineinleben darf. Auch Arbeit ist ein Genuss, wenn es keine Termine gibt, wenn einfach etwas wachsen und entstehen darf. Ein Text, ein Kartoffelsalat, eine Pressemitteilung, Pancakes für Prinzessin.
Sich immer fröhlich einen Tag gönnen ohne Termine, ohne Sehenswürdigkeiten, nur mit sich selbst.
Eure Uta
* Ich habe nur noch eine verblichene Kopie von Peter Lindens Artikel „Stille Tage auf der Terrasse“ ohne Datum und Quelle. Auf ZEIT-online aber könnt ihr sehr schöne Reise-Reportagen in Gänze von ihm lesen.
Liebe Uta,
das hast du schön bildlich geschrieben, in mir schwirrten gleich viele Bilder – und die große Sehnsucht nach einigen solchen Tagen ohne Termine und nur mit mir selbst, um endlich mal wieder bei mir anzukommen.
Schöne Sommer-Genuss-Momente,
Frieda
p.s.: Uta – morgen ist dein großer Tag, oder? Ich habe eine neue Lesebrille und bin startklar für dein Buch. 🙂
:-)))
Hallo Uta!
Mir geht es heute ähnlich! Eigentümlich! So oft kommt das nicht vor.
Dabei könnte ich mir das inzwischen wohl erlauben. Es ist nicht zu heiß,
dabei scheint die Sonne, es surrt kein Rasenmäher, nirgens wird was
repariert, es ist ganz still und schön auf unserer Terasse. Ich lese und lese und bin dankbar, dass ich noch so gut sehen kann. M.
Hallo Uta,
hach deine Zeilen hören sich so schön an… Allerdings ist damit auch frühes Aufstehen verbunden und da ist meine Motivation direkt wieder verschwunden aber ich genieße es auch schon sehr niemanden in der Früh anzutreiben.
In diesem Sinne gute Nacht und viel Erfolg mit Deinem Buch!