Ein Herz und eine Seele mit sich selbst 

 17/11/2018

Von intensivenMomenten mit Heimkehrern und ein Appell, Kinder wieder mit mehr Intuition zu begegnen.

Ist es niemandem aufgefallen, dass es eine neue Zeichnung in der Kopfzeile meines Blogs gibt?

Vorher:

Neu:

Die Katzenklo-Familie ist mehr zusammen gerückt. Unsere zweite Katze kam auch zu ihrem Recht. Und dem Ganzen wurde die Krone dadurch aufgesetzt, dass ich nun auch etwas Funkelndes im Haar trage.
Danke, liebe Melanie Garanin, für deine neue Zeichnung und für „deine“ Menschen, die meinem Blog seit Jahren ein unverwechselbares Gesicht geben!
Wir stehen jetzt enger beieinander, wir vier vom Katzenklo. Das tut mir wohl, wo doch mein Mann weiterhin in München arbeitet und Kronprinz fünf Zugstunden (manchmal werden es auch sechs oder acht je nach Verspätung) von uns entfernt studiert.
Wisst ihr, was ich liebe? In Hamburg-Altona am Bahnsteig zu stehen und zwar am Kopf des Bahnhofs, auf den alle Gleise zulaufen. Links und rechts und in der Mitte fahren Züge ein, Menschen steigen aus, kleine Rollkoffer rattern über die Fugen der Steinplatten. Ich stehe da und teile den Strom der Menschen wie ein großer Findling das Wasser in einem Bach. Die einen tauchen ab in den Untergrund, die anderen streben rechts und links den Ausgängen zu. Der Strom wird schwächer, es tröpfelt nur noch. Zugbegleiter haben Feierabend, geben sich gegenseitig Feuer in den Raucher-Arealen, halten ein letztes Schwätzchen. Und dann kommt doch noch ein Intercity. Eine Leucht-Raupe arbeitet sich aus dem schwarzen Horizont heraus, legt sich in die letzte Kurve, wird ein großer Zug, entscheidet sich für ein Gleis, kommt quietschend zum Stehen. Neue Menschen reichen dem Bahnsteig ihr Gepäck. Und hinten aus dem Dunkel, wo es für lange Züge nicht mehr reicht für Dach und Lampen, kommt ein junger Mann, den ich kenne. Eine Segeltuchtasche hängt quer über den breiten Schultern, große Schritte in Sneakers lassen ihn schnell Raum gewinnen. Ich winke, in jeder Pore Liebe, ganz warm. War dieser große Kerl mal in meinem Bauch? Stand ich nicht gerade erst schwanger an der Alster und dachte: „Das wird wunderbar mit dir, du kleiner Mensch!“?
Und nun – viele Butterbrote später – nimmt er mich in den Arm, zappeln meine Füße kurz glücklich in der Luft, setzt er mich wieder ab. Ich überreiche ihm den Autoschlüssel. Unser Sohn ist wieder in der Stadt.
Die Entfernungen haben dazu geführt, dass wir das Zusammensein intensiver erleben. An einem Wochenende sind mein Mann und ich mit der S-Bahn nach Schleswig-Holstein rausgefahren und den ganzen Weg zurück an der Elbe zu Fuß wieder nach Hause gegangen. Fast drei Stunden waren wir unterwegs. Selten haben wir so intensiv gesprochen wie auf diesem Marsch am Fluss. Ohne dass uns solche Zeit durch die Pendelei so kostbar geworden ist, wären wir auf eine solche Idee nicht gekommen.
Auch Entfernungen können einen näher zusammen führen. Ich freue mich, dass die neue Zeichnung meine Vision zum Ausdruck bringt: Ich lebe und arbeite für mehr Nähe in Familien.

*

Noch ein anderes Thema beschäftigt mich in diesen Tagen. Mir ist aufgefallen, wie kopfgesteuert Mamas heute sind. Ist ja auch klar! Da kommt man gerade aus dem Studium und dem ersten Job, hat jahrelang analytisch gedacht, Zahlen ausgewertet, Ergebnisse geliefert und dann hat man plötzlich einen kleinen Wut-Zwerg zu Hause, der sich völlig unbeeindruckt zeigt von meinen klugen Strategien.
Gibt es keine Power-Point über die Trotzphase? Wo bleibt das Chart über effektives Durchschlafen, wo das Exposé „‚Windelfrei in drei Wochen“? Wir gehen alles mit dem Kopf an, kriegen kaum Ordnung in unsere verschachtelten Gedanken und halten ein kleines Wesen im Arm, das ganz anders tickt als wir: Es ist ein Herz und eine Seele mit sich selbst.
Eine schönere Einladung an uns Erwachsene, mit uns selbst wieder in Kontakt zu kommen, gibt es nicht.
Und was machen wir? Wir wollen wieder alles richtig machen wie im Job. Wir lesen über Spiegelneuronen, den präfrontalen Kortex, über Bedürfnisaufschub und die Wirkung des Bindungshormons Oxytocin. Und vor lauter Fachwissen spüren wir uns nicht mehr und schon gar nicht unser Kind.
Die Schweizer Therapeutin und Buch-Autorin Rita Messmer schrieb mir in einer Mail: „Ich habe immer schon mit Babys gearbeitet, zuerst mit Frühgeburten im Spital, später dann mit Babys und ihren Müttern. Hinzu kommen meine vielseitigen Erfahrungen, die ich mit anderen Kulturen gemacht habe, und da spielt sicher eine besondere Beobachtungsgabe und Intuition mit. Denn es kommt oft vor, dass ich der Mutter sage: ‚Jetzt hat dein Baby gerade gesagt…‘ die Mütter schauen mich dann jeweils ganz verdutzt an und ich kann fast nicht verstehen, dass die Mutter nicht verstanden hat, was das Baby gerade ausgedrückt hat.’“
Um diese Intuition wieder zu finden, brauchen wir zuerst Vertrauen, dass wir eine innere Stimme haben, und die Bereitschaft, ihr wieder zuzuhören.
Kaum jemand kann Mamas so wunderbar in ihre eigene Kraft und Intuition zurück bringen wie Joanna von „Liebesbotschaft“ in ihren Beiträgen über Kinder.
„Wir machen alle ganz viel richtig, und dann noch ganz viel falsch,“ heißt es in ihrem vorletzten Beitrag, „aber am Ende des Tages zählt nur eins: In welcher Atmosphäre wächst dein Kind auf? Wer bist du? Was geht von dir aus? Was sind die Vibes, die in deinem Haus vorherrschen? Kinder sind wie ein Schwamm und nehmen alles viel mehr wahr, als man sich vorstellen kann. Du kannst noch so viel vorlesen und kümmern und fördern und spielen und die tollsten Kindergeburtstage organisieren: Bist du dabei gestresst, minderwertig, voll mit Sorgen, genervt usw., dann hat das einen viel, viel größeren Input in das Leben aller, die mit dir zusammen sind, als jedes Laternebasteln es haben könnte.“
Immer fröhlich auf die eigene Stimme horchen und gute „Vibes“ verbreiten,
eure Uta
PS: Meine Coaching-Seite habe ich auch leicht überarbeitet. Vielleicht habt ihr Lust vorbeizuschauen: http://coaching.wer-ist-eigentlich-dran-mit-katzenklo.de

  • So schön geschrieben! Und das neue Bild ist einfach wunderbar! Was es ausdrücken soll, ist so klar zu erkennen. So soll Familie sein.
    Gruß
    Nelli

    • Liebe Julia, gerade wurde ich mehrfach darauf angesprochen, ob ich nicht Podcasts machen wolle. Und jetzt auch von dir. Dies wird der erste Vorsatz für das neue Jahr: ich kümmere mich darum, wie das geht mit den Podcasts und lege damit los.
      Danke für den Anstupser! LG Uta

  • Liebe Uta!
    Ich lese regelmässig deine so wunderbaren Beiträge. Ich finde jeden einzelnen wirklich so bereichernd. Du hast jedesmal eine Empfehlung, der ich folge (Buch-, Blogtipps). Bitte so weitermachen!
    Heute hat mich dein Beitrag besonders tief berührt…. das Bild, wie du deinen Sohn am Bahnsteig abholst und der Spaziergang mit deinem Mann. Ich habe einen 13 jährigen Sohn und habe ihn gestern an den Zug gebracht. Er ist mit einer Regionalbahn zu einem guten Freund gefahren, der eine Stunde von uns weg wohnt. …und mir ging es genau wie dir….ich schaue diesem Zug nach und denke „Wahnsinn, da sitzt jetzt mein Sohn drin, mit dem ich doch gerade eben erst beim Pekip war“. Ich war so stolz und gleichzeitig gerührt von dieser Situation.
    Dein neues Logo ist toll; ich musste sehr lachen. Dein Mann sieht ein bisschen „gezeichneter vom Leben“ aus als vorher!!…
    Alles Liebe weiterhin für dich! Herzliche Grüße,
    Viola Schad
    PS: Das war übrigens ich neulich mit der Buchverlosung (Pubertät ), die den Gewinn verpasst hatte…..so schade, ich hab es gar nicht gelesen, dass ich gelost war.

    • Liebe Viola, das gibt mir zu denken, dass mein Mann gezeichnet aussieht vom Leben. Gut dass das Original frischer daher kommt :-)))) Aber anstrengend ist das schon diese ganze Pendelei. Danke, dass du geschrieben hast. LG Uta

  • Liebe Uta,
    vielen Dank für diesen schönen Text über das Abholen Deines Sohnes am Bahnhof! Ich hatte fast das Gefühl, selbst dort zu stehen, so viele Bilder sind dabei in meinem Inneren aufgetaucht.
    Und auch der Rest des Beitrags hat mir, wie so oft, gut gefallen.
    Ich denke, in so vielen Bereichen unseres Lebens ist es so wichtig, wieder mehr in unser eigenes Wesen hinein zu lauschen und dem Wissen, was von dort kommt, zu folgen.
    Viele liebe Grüße
    von
    Helga

  • Liebe Uta,
    dein neues Bild ist toll und es ist schön wie ihr zusammen rückt. Ich lese dich nun schon viele Jahre und du bist immer eine Bereicherung! Das Bild von dir am Bahnhof welches du mit deinen Worten gemalt hast, lässt einen mit jeder Pore fühlen wie sehr du deinen Kronprinzen liebst ❤️ Danke dafür

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    Uta


    Ich arbeite als Eltern-Coach, Buchautorin und Journalistin, bin Ehefrau und Mama (ein Sohn, eine Tochter) und kann es nicht lassen, dem Familien-Glück auf die Spur zu kommen. Ich forsche in Büchern, spreche mit Experten und teste alle Erkenntnisse in der Praxis. Nur was mich überzeugt, weil es das Leben mit Kindern wirklich erfüllender macht, schafft es auf diese Seite.

    Deine, Uta

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