In Gutmensch-Mission 

 18/12/2012

Müssen wir Kinder dazu erziehen, Ärmeren etwas zu spenden? Hier lest hier über mich in Gutmensch-Mission.

Eine Bekannte beobachtete durch das Küchenfenster, wie ihr Sohn sein Schulbrot in einen Busch im Vorgarten stopfte, ehe er pfeifend zur Haustür hineinkam. Die Mutter fing ihn noch an der Garderobe ab, behielt sein nächstes Taschengeld ein und überwies es an „Brot für die Welt“.

Als sie mir das erzählte, war ich nicht so begeistert, wie sie es erwartet hatte.

Diese offensive Art der Wertevermittlung ist nicht mein Ding.

Es gibt Eltern, die sich auf die Fahne geschrieben haben, für Gerechtigkeit und Frieden in der Welt zu kämpfen und deshalb permanent Klein-Krieg in der eigenen Hütte führen.
(„Du musst dein Spielzeug mit anderen teilen“, „Du musst die Weihnachts-Karte für die Lehrerin unterschreiben, ob du sie magst oder nicht“, „Du musst das Brot aufessen, weil es Kinder gibt, die gar kein Brot haben …“)

Das kann es doch nicht sein, oder?

Das mit der Zwangsspende war nie mein Ding. Aber auch ich habe mit verschiedenen Aktionen versucht, mein Gewissen zu beruhigen und den Kindern ein Vorbild zu sein.

Als Kronprinz noch in die Grundschule ging, trafen meine Freundin Andrea und ich uns, um mit unseren Söhnen Weihnachtspakete für ein Waisenhaus in Rumänien zu packen.
Die Jungs sollten lernen, dass es anderen Kindern schlecht geht und uns das nicht irgendwo vorbei geht.

Die beiden lernten an diesem Nachmittag, die Bläschen in Luftpolsterfolie knallen zu lassen und das Wohnzimmer mit Holzwolle zu verwüsten. Deshalb schickten wir sie lieber ins Kinderzimmer und packten alleine weiter. Während oben Starwars-Gefechte tobten, wickelten Andrea und ich Zahncreme, Unterwäsche und Kartenspiele in Weihnachtspapier. Wir tranken Unmengen Kaffee und aßen so viele Kekse, dass wir bis Ostern keine Minute mehr unterzuckert waren.

An unsere Hilfsaktionen und ihren zweifelhaften Nutzen musste ich denken, als ich diese Woche aus der Postfiliale trat. Ein Obdachloser hockte vor dem Eingang.

Helfen kann so einfach sein, dachte ich.

Ich beugte mich zu dem Mann hinunter, was schon mal Verständnis symbolisierte, und fragte, ob er sich bei der bitteren Kälte nicht lieber in den Vorraum der Post setzen wolle.

„Nein, das lohnt sich hier nicht.“ Er rieb Daumen und Zeigefinger aneinander. Er meinte Schotter.

Ich richtete mich wieder auf, was diesmal eine leichte Brüskierung symbolisierte.

Der Mann ist zumindest ehrlich, dachte ich, beugte mich wieder runter und gab ihm Schotter.

„Aber wo verbringen Sie denn bei dieser Kälte die Nacht?“ –

„In meiner Wohnung.“

Ich zog weiter und dachte, wie pervers die Situation war. Ich hätte mich besser gefühlt, wenn es dem Mann richtig schlecht gegangen wäre und ich mich als sein Engel hätte aufspielen können.

Das mit den Paketen für die rumänischen Waisenkinder will ich nicht ins Lächerliche ziehen. Das sind Projekte, die wirklich helfen.

Aber mein Projekt habe ich noch nicht gefunden.

Sich verströmen, aus vollem Herzen und aus freien Stücken. Anderen nichts überstülpen und sich selbst nichts über sich beweisen müssen. Kein Kitt fürs Gewissen, kein moraltriefendes Sendungsbewusstsein. Ganz sachlich und doch Liebe pur.

 

Ich beneide die drei Weisen aus dem Morgenland. Sie hatten einen Stern, der ihnen den Weg wies. Sie wussten, wohin mit ihren Gaben. Ich nähe mir so lange einen.

Hauptsache verbissen fröhlich bleiben.

Ich geh dann mal die Welt retten

Uta

  • Hach ja, da ging es dir ein bisschen wir mir. Bei uns im Supermarkt hat mich ein Mädchen angestupst. Sie war anscheinend Taubstumm und hielt mir eine Liste unter die Nase. Ich konnte lesen, dass sie Unterschriften und Spenden zum Bau eines neuen Gehörlosenzentrums sammeln würde. Wenn schon der Supermarkt die hier sammeln lässt dachte ich und wenn sie doch so nett und sympahtisch ist. Also hab ich unterschrieben, meinen Geldbeutel gezückt (wer hilft nicht gern?*seufz) – ich hatte wie sich später heraus gestellt hat großes Glück. Da ich nur 4 Euro hatte und keine Scheine wurde ich nur versöhnlich am Arm gedrückt (ich bin etwas erschrocken, ob der schnellen Berührung). Andere Menschen sind umarmt worden und waren danach ihre Scheine aus dem noch offenen Geldbeutel los. Wie schade, wenn man doch wirklich helfen möchte.

    Vor Kurzem habe ich Stoff und Glasperlen für ein Projekt für Krebskranke gespendet (die Frauen nähen Mützen für die Kranken, oder verkaufen etwas um dafür wieder Stoff zu kaufen). Da das aber örtlich weiter weg ist, wars nicht meins.
    Für gewöhnlich entscheide ich jedes Jahr neu, wo ich spenden will, in der Hoffnung doch irgendwo zu helfen.

    Liebe Grüße LOLO

  • Es war einmal ein paar Tage vor Weihnachten, da musste Frau Papagena noch rasch zum Supermarkt, Dinge besorgen.
    An der Kasse vor ihr hatte ein älter Mann Milch, Wurst etc. aufs Kassenband gelegt und als es ans Zahlen ging, fingerte er unbeholfen an seinem Geldbeutel herum – um dann festzustellen, dass er nicht genug Geld dabei habe, um seinen Einkauf zu bezahlen.

    Die Kassiererin schlug vor, einen Artikel zurückgehen zu lassen und blickte ungeduldig auf die größer werdene Warteschlange an ihrer Kasse.

    Frau Papagena wurde es bei dem Gedanken, dass dieser alte Mann seine Milch nicht kaufen könne, und womöglich an Vitaminmangel sterben würde, ganz anders – und so fischte sie flink zwei Euro hervor und beglich die Differenz.

    Der alte Mann sah Frau Papagena mit zusammengekniffenen Augen misstrauisch an, raffte seinen Einkauf zusammen und murmelte zynisch:
    „Weihnachts-Sentimentalität, was?“

    Die verblüffte Frau Papagena war kurz davor, sich für die Spende zu entschuldigen.

  • Das sind wirklich merkwürdige Geschichten.
    Zeit spenden hab ich mal in meinem Hinterkopf geparkt – für später..

    Sowas ähnliches wie Papagena hab ich auch mal erlebt.
    Zum Glück lächelte ich den Menschen an mit den Worten „ein einfaches Danke hätte auch genügt.“
    So mußte ich mir hinterher wenigstens nicht noch den Kopf zerbrechen, was ich besser gesagt hätte..
    fröhliche Weihnachtszeit Euch allen!

  • Hallo Uta,
    ich habe mit den Kindern auch schon mal für Weihnachten im Schuhkarton ein paar Dinge gekauft, die Kartons schön verziert und alles – unter Protest – reingepackt/rein packen lassen. Denn ausgerechnet diese Zahnbürste und dieses Schl**ch-Tier hatten sich meine Kinder ja schon immer gewünscht! Und was? Ein unbekanntes Kind bekommt eine ganze Tafel Schokolade? „Ich glaube, Mama, du magst andere Kinder viel lieber als uns!“ hörte ich meinen Ältesten altklug in mein rechtes Ohr jaulen. Da half auch kein predigen, keine Tränendrüsen-Geschichten von verwaisten Kindern, die sooo weit weg wohnen.
    Inzwischen habe ich mein Projekt gefunden. Zum 2. Mal habe ich bei einer Benefiz-Veranstaltung zugunsten schwer kranker Kinder geholfen (http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1001252), war nahezu 48 h hintereinander auf den Beinen – und hatte unglaublich viel Spaß dabei! Ich hab’s nicht nur für die schwer kranken Kinder getan, sondern auch für mich: weil es mir hin und wieder Spaß macht, hinter der Bar zu stehen, für andere zu kochen, Prominente privat kennen zu lernen, für diesen Einsatz von anderen bewundert zu werden, Beifall und Dank zu ernten … Und dabei verschwende ich nicht einen Gedanken daran, ob meine Kinder daraus etwas lernen oder nicht. Ich kann mich schließlich überhaupt nicht erinnern, ob meine Eltern jemals soziale Aktivitäten in meiner Anwesenheit betrieben haben. Und dennoch denke ich, ist aus mir ein soziales Wesen geworden 😉
    Frohe Weihnachten!

  • Hallo Uta,
    bin heute über Deinen Blog gestolpert und hängen geblieben, habe schon Tränen gelacht, ungläubig geguckt, mich traurig erinnert. Genial!!
    Zu diesem Artikel kann ich nur sagen: Ich war auch auf der Suche und habe mein Projekt gefunden: http://www.helfendeherzenrundumkoeln.blogspot.com
    Wir haben ein Aufkommen von 700-800 Kissen pro Jahr und sind nun im dritten Jahr. Es ist immer noch ein tolles Gefühl anderen auf diese Art ein bisschen Wärme abzugeben und den Gedanken, dass es auch mal was für die Seele gibt, ohne es zu bezahlen oder das Gegenüber zu kennen.
    LG Kerstin

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    Uta


    Ich arbeite als Eltern-Coach, Buchautorin und Journalistin, bin Ehefrau und Mama (ein Sohn, eine Tochter) und kann es nicht lassen, dem Familien-Glück auf die Spur zu kommen. Ich forsche in Büchern, spreche mit Experten und teste alle Erkenntnisse in der Praxis. Nur was mich überzeugt, weil es das Leben mit Kindern wirklich erfüllender macht, schafft es auf diese Seite.

    Deine, Uta

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