Wie wir es schafften, dass das Zimmer unseres Sohnes jetzt aufgeräumter ist.
Als Kronprinz drei Jahre alt war, kaufte ich einen Plastik-Lastwagen etwas größer als ein Bobbycar. Das Monstrum fuhr blinkend in die Großbaustelle im Kinderzimmer. „Guck mal, welch einen Spaß aufräumen macht“, rief ich und pfefferte die ersten Bausteine auf die XXL-Ladefläche.
Ich finde die Grenzziehung zwischen Arbeit und Vergnügen problematisch. Es gibt so Sprüche wie „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“.
Warum sollte denn nicht Arbeit selbst ein Vergnügen sein?
Wie schön ist es, ohne Zeitdruck eine Arbeit tun zu dürfen, die man mag. Da kann selbst „am-Strand-liegen“ nicht mithalten. Der Glücksforscher Mihaly Csikszentmihalyi nennt das „im Flow sein“. (Wenn man sich mit diesem Monstrum von Namen mit seiner Theorie durchgesetzt hat, muss da was dran sein.)
Gestern war ich bei einer Augenärztin. Die Frau war in ihrer Art so patent, dass es ansteckend war. Kaum war ich wieder zu Hause, habe ich den Waschkeller ausgeräumt und mit dem Autostaubsauger alle Wollmäuse und Spinnweben weggesaugt, die Kiste mit den Draußen-Spielen ausgemistet und Waschmaschine und Trockner abgewischt. Was soll ich sagen? Es war das reinste Vergnügen.
Das wäre doch mal ein Angebot für die Ferienspiele: „Wollmausjagd im Keller. Anmeldung nicht erforderlich. Nur Ferienpass und alte Kleider mitbringen“.
Als die Kinder klein waren, fand ich die perforierten Nächte oder die nassen Windeln oder das Matschen beim Essen gar nicht schlimm. Schlimm war für mich, kaum mal eine Arbeit in Ruhe zu Ende tun zu dürfen. Und wenn mein Mann sagte: „Ich gehe mit den Kindern raus, dann kannst du dich ein bisschen hinlegen“, habe ich fast gebrüllt: „Ich will mich nicht hinlegen, ich will eine ganze Wand lila streichen, ohne dass mich jemand unterbricht, ich will im Garten eine Natursteinmauer bauen, ohne dass ich alle drei Sekunden den Spachtel weglegen muss, ich will orgiastisch bügeln, Fenster putzen, den Vorratskeller umräumen. Bitte“, fast hätte ich auf den Knien gelegen, „mach die große Spielplatzrunde, damit ich etwas tun kann, bei dem ich ein Ergebnis sehe.“
Arbeitnehmer verbringen inzwischen deutlich mehr Tage im Krankenhaus wegen Depression oder Burn-out als wegen Herzkreislauferkrankungen. Dazu gab es gestern eine Statistik der Krankenkassen in der Zeitung.
Als ich vor elf Jahren den Schwerlasttransporter für das Kinderzimmer anschaffte, sah ich diese Entwicklung kommen. Und habe es mir deshalb zur Lebensaufgabe gemacht, nach Ideen zu suchen, die Freude auch in die unangenehmsten Aufgaben bringen.
Der Plastik-LKW hat sich leider nicht bewährt. Wenn man die Ladefläche kippte, um die Bauklötze in die Kiste zu schütten, machte das Teil einen solchen Höllenlärm, dass es nicht auszuhalten war. Und Kronprinz geriet so richtig in „Flow“. Er war gar nicht mehr zu bremsen, seine Fracht knarzend und piepend in die entlegensten Ecken der Wohnung zu liefern.
Wir haben den Laster dann entsorgt.
Über das Thema Aufräumen habe ich hier schon einmal geschrieben. Heute möchte ich euch das „High-Speed-Aufräumen“ vorstellen. Es war nötig geworden, weil Kronprinz Zimmer so aussah, dass ich nur noch ein RTL-Team auf Messi-Recherche die Treppe hätte hoch schicken können.
Regeln für das „High-Speed-Aufräumen“
- auf einer Eieruhr oder einem Wecker 45 Minuten einstellen (bei kleineren Kindern weniger Zeit)
- durch das Zimmer gedanklich eine Diagonale ziehen
- vereinbaren, dass heute nur eine Zimmerhälfte aufgeräumt wird
- wenn die Zeit abgelaufen oder die Aufgabe erfüllt ist, aufhören
- vereinbaren, dass ich helfe, wenn es zu den vereinbarten Regeln abläuft
- Kartons oder Kisten zum Ausmisten im Flur bereit stellen
Ich kann’s nur zuuuu gut verstehen! Diese ganzen Ideen die man hat, selbstversunken, glücklich in Arbeit! Was träume ich davon!!! Aber das kommt alles wieder und dann werde ich wahrscheinlich immer wieder lauschen, ob da nicht der eine oder andere vorbeikommt und mich unterbrechen will 🙂
Ich wünsche dir und euch ein wunderbares sonniges Wochenende!!!
LIebe Grüße von Yvonne