Glückliche Familie Nr. 122: Konferieren to go 

 15/02/2013

Schwester Nr. 3 meinte, das mit dem Konferieren im letzten Post sei nicht hilfreich für sie. Sie befände sich mit ihrem Sohn sowieso in einem Zustand des Dauerkonferierens.

Meine Schwester ist allein erziehende Mutter eines 13jährigen Sohnes.

Das mit dem Allein-Erziehen ist wirklich eine Crux. In meinen Unterlagen vom „Lions-Quest“Seminar fand ich eine gute Stelle dazu.

„Mädchen und Jungen erleben Familie aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Für beide Geschlechter ist meistens die Mutter erste und häufigste Ansprechpartnerin für ihre Sorgen und Nöte. Väter sind häufiger abwesend, haben meist einen geringeren Anteil an der Erziehungsarbeit und sind für ihre Söhne als Beispiel für die Entwicklung einer männlichen Identität nur begrenzt präsent. Deswegen bleibt Jungen auf der Suche nach ihrer Männlichkeit manchmal nur die Abgrenzung vom Weiblichen.“ („Lions-Quest – Erwachsen werden“, Kapitel 5, Seite 3)

Ich beziehe dieses Zitat hier mal auf die Situation von allein erziehenden Müttern mit Söhnen.

Ansonsten finde ich, dass heutige Väter (von Ausnahmen abgesehen) deutlich präsenter in den Familien sind als in den Generationen davor.

(Kleine Valentins-Gedenk-Minute für den Soßenkönig.)
Jetzt dürft ihr wieder sprechen oder mit den Tasten klappern, Minute ist vorbei.
Mir kommt es auf den Satz an:

„Deswegen bleibt Jungen auf der Suche nach ihrer Männlichkeit manchmal nur die Abgrenzung vom Weiblichen.“

Das macht mich sprachlos.

Dann ist Mama nur eine Negativfolie für die eigene Identität. Weil die heranwachsenden Männer kein positives Rollenvorbild haben, muss Mama herhalten als der Mensch, der man auf keinen Fall werden will. Und das nur, weil sie zum anderen Geschlecht gehört.

Das ist bitter.

Schwesterherz hat aber einen guten Tipp, um die Situation zu mildern:

Sie und ihr Sohn sitzen sich nicht am Tisch gegenüber wie der kleine Lord und sein Großvater. Sie haben nebenbei gesagt auch kein Personal, das die Karten mit den Lösungsvorschlägen von einem Tischende zum anderen tragen könnte. Nein, meine Schwester geht mit ihrem Kronprinz zum Problemlösen nach draußen. Sie reden im Gehen. Besonders schön im Dunkeln mit Taschenlampe.

Das ist neu: „Konferieren to go“.

Meine Schwester sagt, dass sie dann beide nicht so ausrasten, weil sie sich in einem öffentlichen Raum bewegen würden. Zudem sei es entspannter, nebeneinander her zu gehen als sich eins zu eins gegenüber zu sitzen.

Wir wissen ja:

Männliche Körper können nicht still sitzen.
Männliche Hirne wollen nicht von vorne zugetextet werden.

Darüber schrieb ich hier.

Deshalb empfiehlt auch Frank Beuster, der Autor der „Jungenkatastrophe“, mit heranwachsenden Jungen joggen zu gehen, wenn es etwas zu besprechen gibt. So kann man Probleme beiläufig lösen.

Meine Schwester löst nicht nur laufend Probleme, sie hat auch Ausschau gehalten nach männlichen Vorbildern für meinen Neffen.
Als sie ihn vor Jahren beim Fußball anmeldete, habe ich mich sehr gefreut. Ich sah gedanklich einen Mann im Trainingsanzug vor mir, die Haare schütter von den vielen Kopfbällen, Waden wie Gert Müller und ein Herz groß wie ein Torwarthandschuh. Einer, der die Jungs zum Sieg brüllt und ihnen nach der Niederlage väterlich die Haare rauft.
Ich brannte darauf zu erfahren, wie es war beim ersten Training. „Ganz okay“, sagte meine Schwester. „Und der Trainer?“ – „Der Trainer ist eine Frau.“

Habt ihr „Karate-Kid“ gesehen, den mit Jackie Chan und Jaden Smith in den Hauptrollen?
Da geht es auch um eine allein erziehende Mutter und ihren Sohn. Permanenter Kleinkrieg zermürbt ihren Alltag. Mutter muss beruflich in einem neuen Land Fuß fassen, der Sohn sich behaupten als Neuling in der Schule. Dem Jungen ist nicht mal beizubringen, dass er nach der Schule seine Jacke aufhängt, bis der Hausmeister Mister Han in sein Leben tritt. Er macht den Jungen zu seinem Karate-Schüler. Und nicht nur das. Er lehrt ihn, seine Mutter zu respektieren und sich im Leben aus eigener Kraft zu behaupten.

„Häng die Jacke auf!“ Szene aus dem Film „Karate Kid“ aus dem Jahr 2010 mit Jackie Chan und Jaden Smith.

Ich gehe dann mal für meinen Neffen einen Schwarz-Gurt-Hausmeister suchen.

Immer schön beiläufig Probleme lösen, männliche Vorbilder aufspüren und fröhlich bleiben

Uta

  • Liebes Schwesterherz,
    Du hast es absolut treffend formuliert und mir meine Kommentierung zu Deinem letzten Post abgenommen. So gut hätte ich es niemals beschreiben können. Übrigens hat Sohnemann einen ‚Schwarz-Gurt-Hausmeister‘: seinen Tennislehrer! Groß gewachsen wie Sohnemann (Sohnemann ist 13 Jahre, 1,90m groß und kein Strich in der Landschaft) kann dieser allein von der Statur ihm gegenüber ganz anders auftreten. Zudem kann er ‚Tennis spielen‘ (zum Verständnis > Negativ-Schablone Mama ist 1,64m klein und kann kein Tennis spielen). Auch in meinen Augen ist er das perfekte männliche Vorbild, da er zudem ein guter Pädagoge ist, große Stücke auf Sohnemann hält und so mir jeden Cent wert ist, den ich für den Tennisunterricht bezahle. Es tut Sohnemann nur gut!!
    Eine Anmerkung zu unseren ‚Outdoor-Konferenzen‘: am schönsten ist es dann, wenn wir genug konferiert haben und wir dann tatsächlich immer zu dem Schluss kommen > Sohnemann: „Mama, ich hab Dich doch soo lieb“! Mama: „Und Du bist das Liebste was ich habe“!
    Rite

  • PPS:
    Leider übt der Tennislehrer nicht mit Sohnemann die Jacke zu Hause aufzuhängen (hätten wir auch bitter nötig) und die Schuhe ins Regal zu stellen, grrrrrr! Rite

  • So. Jetzt falle ich in tiefe Depression. Das bedeutet ja dann, dass die absolute Konfrontation gar nicht abzuwenden, sondern unausweichlich ist, egal wie sehr ich mich bemühe eine coole, tolerante, aber dennoch Grenzen setzende Mutter zu sein. Ich werde automatisch immer das A…….. sein. Herzlichen Dank, mein Wochenende ist gerettet.
    Wobei ja dann ncoh Hoffnung besteht, dass mein Sohn mein Essen gar nicht wirklich ungenießbar findet und alles was ich mag langweilig, sondern weil er sich zwangsläufig abgrenzen muss. Wenn er dadurch lernt, dass alles was ich nicht mag oder bin männlich und erstrebenswert ist, dann gute Nacht. Ich glaube, ich werde meinen Sohn später mal nicht mögen und kann jeder Frau nur abraten, sich mit ihm einzulassen, denn dann wird er ein unsozialer, unkreativer, sich dauerlangweilender, fauler, empathiefreier Mistkerl, der sich nur um sich selber dreht und andere ausnutzt. Hallelujah!
    Unser Taekwondo-Trainer war übrigens auch eine Frau. Biologisch zumindest.

    Gibt es Selbsthilfegruppen gegen diese Angst?
    Ich geh jetzt weinen.

    Katja

    • Liebe Katja
      Deinem aktuellen Post habe ich erleichtert entnommen, dass die Tränen versiegt sind! Gott sei Dank, hatte mir schon Sorgen gemacht! Abgesehen davon scheint Raumfee Junior auch noch etwas Zeit zu haben, bevor die „Mannwerdung“ beginnt, oder?
      Sardistisch könnte ich jetzt sagen: ‚Carpe diem‘ was gleichzeitig implizieren würde, dass schlechtere Zeiten auf dich zukommen. Aber nein, das wäre eine falsche Interpretation. Es kann anstregend sein, ist aber auch eine sehr intensive Zeit mit allen Höhen und Tiefen.
      Der Kommentar des Klassenlehrers bei dem letzten Lernentwicklungsgespräch zu meiner Frage, wie sich die Pubertät auf das Klassenverhalten auswirke, war: Es ist deutlich wahrnehmbar, manchmal geht es drunter und drüber, aber ab der neunten Klasse werden sie wieder ’normal‘.
      Sohnemann und ich haben im Auto auf der Rückfahrt herzlich gelacht, ob meiner Anregung, ob er sich nicht mit der ‚Normalwerdung‘ beeilen könne!
      LG Rite

  • Hi! Ich weiß nicht, ob es allen so geht, aber deinen Link konnte ich nicht öffnen – würde nicht allen zur Verfügung stehen kommt da. Ich würde ihn gerne lesen – klingt meinem Sohn recht ähnlich.

    Oh, ich hatte sowas befürchtet! Ich wollte immer eine coole Mutter sein, die Sohn zwar respektiert, aber eben auch von der sportlich-lustigen Seite. Ich habe früher oft mit meinem Cousin (er ca. 3-4 Jahre, ich 8-9) gespielt – für ihn war ich die tollste, die mit den coolen Spielideen. Das tollste fand er, wenn ich Clowon für ihn gemacht habe. So ähnlich habe ich mir das erträumt – okay, wir sind am Punkt: Traum.
    Hm – und jetzt? Schätze es sind tatsächlich kreative Lösungen gefragt. Die Sache mit dem Fußball hatten wir auch, aber er fands ganz schlimm – Männer, Leistung – harte Typen. Sein Zitat danach: Die Pause ist schön. Zitat eines Fußballtrainers zu meinem Mann:“ Regen ist gut, da bleiben die ganzen Memmen daheim“ – öh ja, was fürn harter Hund! Mein Sohn, damals knapp 6 ist das bisher nicht. Jetzt ist er bei einer Ringerin, die eher wie eine Kugelstoßerin (russisch, versteht sich *lach), die aber die Jungs prima im Griff hat beim ganz normalen Turnen (ne, Ringen ist nicht unseres). Mal sehen, wies weiter geht. Momentan findet er Barbiefilme toll – muss ich mir Sorgen machen? Die Abgrenzung findet wohl wo anders statt.*lach

    Die schlimmsten Auseinandersetzungen habe ich übrigens mit ihm, wenn der Papa zu Hause oder in greifbarer Nähe ist.
    Konferieren beim Joggen finde ich toll. Unser Nachbar fuhr übrigens mit dem Sohn (ca. von 11-14) zum Männercampen – ohne Frauen und irgendwo in der Pampa, inzwischen fahren sie zum Mountainbiken. Finde ich auch eine gute Idee, die Männer mal ganz unter sich zu lassen. Ich persönlich würde mich dann auf eine schöne Zeit mit der Tochter freuen.*g

    Unser Abgrenzungskampf ist dann wohl Aufräumen und Trödeln – und nu? Im Joggen aufräumen – hm..*lach

    Nachdenkliche Grüße LOLO

  • Das ist ne tolle Idee mit dem draußen reden! Sollte es bei uns mal so weit sein, dass wir uns drinnen nicht mehr normal austauschen können, werde ich mir diesen Tipp zu Herzen nehmen!

    Liebe Grüße von Jenny

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    Uta


    Ich arbeite als Eltern-Coach, Buchautorin und Journalistin, bin Ehefrau und Mama (ein Sohn, eine Tochter) und kann es nicht lassen, dem Familien-Glück auf die Spur zu kommen. Ich forsche in Büchern, spreche mit Experten und teste alle Erkenntnisse in der Praxis. Nur was mich überzeugt, weil es das Leben mit Kindern wirklich erfüllender macht, schafft es auf diese Seite.

    Deine, Uta

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