Bevor der Blog eine kleine Weihnachtspause einlegt, gibt es eine Zusammenstellung von dem, was mich in den vergangenen Tagen bewegt hat:
Jörg, der Vater von Linus, der nicht mehr in den Kindergarten gehen wollte, hat sich noch mal gemeldet. Er schreibt:
Liebe Uta,so, jetzt habe ich ein bisschen Zeit, dir zu schreiben, wie es uns geht:
Deine Tipps haben mir sehr geholfen. Einfach weil sie mir zum Teil gezeigt haben, dass wir doch einiges richtig machen (Exklusiv-Zeit mit Mama z.B.), andererseits waren auch gute Denkanstöße dabei.
Wir haben dann beschlossen, Linus jeden Tag hinzubringen, dafür aber schon deutlich früher zu holen. Konkret von 14:00/14:30 Uhr bis 16:30, also vor dem Abendessen.
Das ging am Anfang zwar nur mit viel Überreden, dann aber immer besser. Wenn wir ihn jetzt abholen, dann schläft er uns … im Kinderwagen ein. Also ist es sicher gut, ihn nicht länger dort zu lassen. Er macht nämlich auch seit 2-3 Wochen keinen Mittagsschlaf mehr… (Als gäbe es nicht schon genug Veränderungen zur Zeit;)
Außerdem haben wir mit den Erzieherinnen kommuniziert, dass wir ihn nicht schreiend abgeben und sie uns bitte die Zeit lassen, die wir brauchen, bis er freiwillig dableiben möchte. Das akzeptieren sie auch einigermaßen.Insgesamt hat sich das Thema deutlich entspannt. Die Zwillinge werden größer/robuster, Mama kann sich wieder etwas mehr Zeit für ihn nehmen und wir lernen einfach auch dazu, dass sein Schreien seine letzte und sicherste Möglichkeit ist, unsere Aufmerksamkeit zu bekommen. Meistens versucht er ja alles andere zuerst, aber mit zwei kleinen Babys wird der Größere nicht immer sofort beachtet. Leider.
Noch ist nicht alles immer super, aber wir fühlen uns wieder auf einem guten Weg.Wenn der Wechsel nächsten September in die „richtige“ Kindergartengruppe ansteht, dann erwägen wir evtl. einen Wechsel in einen Waldkindergarten. Wir denken, dass er da einfach eher der Typ für ist.Muss man sehen wie eng die Freundschaften im Waldorfkindergarten dann gewachsen sind etc…Vielen Dank nochmal!!Liebe Grüße,
Jörg
Noch nicht gemeldet hat sich das „Wolkenschaf“, das bei mir das Buch „Manchmal bin ich wütend“ gewonnen hat. Könnte ein Vorsatz für das neue Jahr werden: Immer fröhlich sich bei Uta melden.
Engel an „Wolkenschaf“: „Bitte melden und Adresse senden!“ |
Gestern Abend habe ich im WDR einen Film über Udo Jürgens gesehen: große Auftritte, Interview-Ausschnitte und vieles mehr. Er blickt auf sein Leben zurück und auf die immer größer werdenden Erfolge. An einer Stelle ist er plötzlich ganz bewegt und hat Tränen in den Augen. Nicht als er vom Grand Prix erzählt, nicht vom Bambi oder vom Deutschen Musikpreis, sondern davon, wie seine Eltern kamen, als er sie eingeladen hat, seine Plattenaufnahme mit den Berliner Philharmonikern zu erleben. Endlich, so Jürgens sinngemäß, konnte er seinen Eltern zeigen, dass er mehr war als „nur“ ein Schlagersänger.
Anerkennung von den eigenen Eltern – für wie viele Menschen ist das ein Lebensthema! Und weil sie davon nicht lassen können, bleibt es bis zum Ende ein Fass ohne Boden. Auch Jürgens war – wenn ich das richtig recherchiert habe – schon 44, als er die Eltern zu den Aufnahmen einlud. Ob Kronprinz (17) und Prinzessin (13) auch mal einen solchen inneren Mangel mit sich herumschleppen? Ich hoffe nicht. Also, für mich müssen es nicht die Berliner Philharmoniker sein. Mir reicht es, wenn wir uns auch in zehn oder zwanzig Jahren regelmäßig treffen und Nähe erleben dürfen.
Der Vater meiner Freundin ist schwer krank. Er wird wahrscheinlich in den nächsten Monaten sterben. Seine Frau ist da, seine drei Kinder sind angereist, zwischendurch auch die Enkel und Schwiegerkinder, gestern kam noch seine Schwester. Mal sind sie gemeinsam an seinem Bett, mal wechseln sie sich ab. Meine Freundin schreibt:
„Gestern war soo ein schöner Tag. Mit ganz viel Nähe und Verbundenheit. Heute merken wir, dass er schon wieder einen Schritt weiter gegangen ist. Er weiß es. Schmerzen hat er keine. Er steht auch noch auf und geht alleine zum WC. Gestern haben wir an seinem Bett Glühwein getrunken. Wir weinen und wir machen Witze. Es ist traurig, aber nicht schrecklich. Alles ist gut.“
und einen Tag später:
„Er wird durchhalten, bis Greta und Hanna nach Weihnachten kommen. Er steht noch auf und geht selbständig ins Bad. Er isst auch noch. Aber er hat sich auf den Weg gemacht. Gestern haben wir über unseren Kontext über Sterben nachgedacht. … Er geht voran, so, wie er das immer gemacht hat, in den nächsten Raum, die nächste Ebene, ins Licht …Und wir alle werden ihm folgen. Irgendwann. Kein Aufgeben, kein Mangel, kein Fehlen, sondern Mut und Vorangehen. Sein Leben ist einfach vollständig. Das Bild hat ihn erreicht, das fand er gut. Dass er jetzt der Erste ist, findet er allerdings scheiße.“
Danke für das schöne Bild des Vorangehens. ich wünschte, wir hätten das meinem Vater auch mit auf den Weg eben udn ihn so liebevoll begleiten können. Ihn erhobenen Hauptes vorangehen lassen können.
Mit herzlichen Wünschen für ein schönes Weihnachtsfest – egal, wie viele für jeden Einzelnen noch folgen werden,
Katja
Liebe Uta, das ist ein schöner Post zu Weihnachten. Weihnachten erwischt uns eben immer mitten im Leben- oder mitten im Sterben.
Dein Blog ist eine Bereicherung für mich- auch wenn ich schon vor Jahren aus dem Mamasein ins Omasein gerudert bin…Ich empfehle ihn vielen jungen Eltern weiter und finde, Du bist eine kluge und warmherzige Frau. Dankeschön!
Frohe Weihnachten Dir und Deinen geliebten Menschen wünscht von Herzen
Lisa
Liebe Uta,
nun wollte ich gerade noch ein paar Weihnachtsgrüße versenden, da las ich Deinen Eintrag und bin so tief gerührt, dass auf diesem Wege nun auch noch ein ganz herzlicher Weihnachtsgruß bei Dir landen muss! Deine Texte sind eine solche Bereicherung – immer wieder, mögen sie sich in der Welt verbreiten, und wo ich dies schreibe, sehe ich, dass meine Vorschreiberin (s.o.), dass ja bereits wunderbar auf den Punkt gebracht hat. Toll, dass eine Oma Dich jungen Eltern weiter empfiehlt, gerne würde ich Dich auch vielen Großeltern empfehlen … Alles Liebe, schöne Tage und auf ein Wiedersehen in 2015!
Nicolle
Entspannte Feiertage, liebe Uta!
Liebe Uta,
am Ende des Jahres noch einmal ein großes Dankeschön. Du bist mein Fixstern im Eltern-Beratungs-Himmel. Ich freu mich auf ein neues Jahr mit Dir.
Alles Liebe,
Julia
Liebe Uta,
ich lese deinen Blog sehr gerne, auch wenn meine aus dem Gröbsten bereits raus sind. Deine Art die Dinge auszudrücken, zu bedenken und Impulse zu geben, macht ihn zu einem sehr wertvollen Blog für junge Eltern.
Die Reportage über Udo Jürgens habe ich auch gesehen.
Es hat mich sehr nachdenklich gestimmt, das dieser gefeierte Mann sich die Wertschätzung seiner Eltern so erkämpfen musste. Die Tränen… das Schlucken und Zögern beim Erzählen über das Konzert mit seinen Eltern… in dem Moment wie ein kleiner Junge und total bemüht nicht als Schlagerfuzzi zu gelten. Er war ein gefeierter Mann und viele lagen ihm zu Füßen, nur nicht seine Eltern. Wie traurig ist das denn.
Mein Jüngster, mit seinen 14 Jahren, war leicht erschüttert und wir hatten anschließend ein sehr interessantes Gespräch über Erwartungshaltung und Anerkennung innerhalb der Familie.
Ich wünsche euch einen guten Start ins Jahr 2015 und bin schon sehr gespannt mit welchen Thema du uns wieder überrascht.
LG – Simone
Liebe Uta,
ich hoffe, du hattest schöne und fröhliche Weihnachtstage und genießt die Tage, bevor der Alltag wieder an die Tür klopft.
Ich habe vor zwei Jahren eine sehr ähnliche Situation erlebt wie deine Freundin. Mein Vater bekam seine Diagnose drei Tage vor Heiligabend und starb fünf Wochen später.
So lange ich mich erinnern kann, hatte ich Angst vor dem Tag, an dem meine Eltern sterben.
Ich hatte gerade in seinen letzten Wochen eine sehr intensive Zeit mit meinem Vater. Wir haben viel gelacht, manchmal habe ich geweint, weil es ihm nicht gut ging, ich heillos damit überfordert war und ihm nicht helfen konnte. Die ganze Zeit konnte ich ihn nicht begleiten, aber jedes Mal, wenn ich dort war, waren wir auch fröhlich. Haben „Die Dornenvögel“ und „Das Traumschiff“ (warum auch immer …) geschaut und uns köstlich darüber amüsiert. Jeder Abschied war ein Teil des großen Abschieds. Geblieben sind die Lieder im Radio auf den Heimwegen. Lieder, die mich heute noch zum Weinen bringen. Die zu meiner Trauer gehören.
Als wir einmal alle zusammen bei meinem Vater waren, sagte er: „Was wollt ihr denn alle hier, ich habe nicht vor, heute schon den Löffel abzugeben.“ Er war tapfer, für uns. Er wollte nicht, dass wir leiden und das hat ihm das Loslassen und Gehen am Schluss sehr schwer gemacht.
Für mich bleibt die Erkenntnis, dass der Tod nicht nur Schwere hinterlässt, wenn man miteinander im Reinen ist. Mir bleibt vor allem Dankbarkeit: für die Gelegenheit zum Abschied, zu sehen, wie viele Menschen Anteil nehmen, denen er was bedeutete, die Beerdigung planen zu können, um den Abschied zu gestalten, dafür dass er mich so lange begleitet hat.
Ich hätte mich für „My way“ entschieden zum Abschied. Als ich den Bahnhof meiner Heimatstadt auf dem Weg zur Beerdigung verließ, spielte ein Straßenmusiker dieses Stück auf einem Saxophon. Ich dachte, ich höre nicht richtig.
Ich werde ihn immer schmerzlich vermissen, seinen Humor, seinen Geruch, seine Stimme. Er fehlt. Das Leben wird irgendwann wieder normal, fühlt sich genauso gut an wie vorher (es gibt dann allerdings „vorher“ und „danach“).
Mein Vater gehört zu meinem Leben, genauso wie jetzt sein Fehlen.
Dankeschön für deinen wunderschönen Kommentar. So ähnlich durfte ich das auch erleben…und dein letzter Satz beschreibt, was ich fühle.
liebe Grüße
Ulrika