Die Internet-Schleuse 

 24/06/2014

Heute morgen habe ich in einem Buch gelesen, das „Eltern-Trickkiste“ heißt und Ideen zur Lösung sämtlicher familiärer Probleme verspricht. Überraschend fand ich den Hinweis einer Kinderärztin, dass eher nasskalte Füße zu Mittelohrentzündung führen als die Weigerung, eine Mütze zu tragen. Wenn es also wieder Herbst wird, könnt ihr euch den Mützenkampf sparen (und den gefütterte-Gummi-Stiefel-Kampf führen.)

Als ich das Trickbuch für Eltern durchblätterte, fiel mir ein, dass der einzige „Trick“, der mir jemals in meinem Leben als Mutter geholfen hat, der Hinweis auf die Kindersicherung im Router war.
Router ist die Kiste, die direkt mit dem Telefonanschluss verbunden ist und den Zugang aller internetfähigen Geräte des Haushalts ins weltumspannende Netz regelt.

Es gibt Router mit und ohne Kindersicherung. Bei denen mit Jugendschutz könnt ihr die Seite mit den Router-Einstellungen auf dem Computer aufrufen und dort für jedes Gerät mit Internetzugang in der Familie eine Schleuse einrichten. Zum Beispiel „Tims iPad: täglich eine Stunde und nur zwischen 17 und 20 Uhr“. Hier findet ihr eine Anleitung, wie ihr für einen Router der Marke Fritz-Box solch eine Kindersicherung einrichtet. Ich habe es auch geschafft. Das sollte als Ermutigung reichen, denn bis vor kurzem hielt ich „Router“ noch für einen Begriff aus der Hundezucht.

Leider hat nicht jeder Router eine solche Jugendschutz-Funktion. Aber solltet ihr euch sowieso gerade einen neuen Router zulegen wollen, nehmt nur einen mit Kindersicherungs-Option.

Meine Kinder sind jetzt 13 und 16 Jahre alt. Bei ihnen ist  Hopfen und Malz verloren  die Kindersicherung nicht mehr so dringlich. Der Kronprinz ist für den Jugendschutz zu alt. Aber bei Prinzessin (13) bin ich froh, dass ich den Router so einstellen konnte, dass sie nach 22 Uhr nicht mehr ins Internet kann. Da ihre Mutter unter dem Einfluss sämtlicher Veröffentlichungen Jesper Juuls steht, haben wir das natürlich so lange verhandelt, bis wir der Lösung beide zustimmen konnten. („Schatz, eigentlich bist du der Experte für dein Schlafbedürfnis, aber ich habe den Eindruck, es würde dir gut tun, wenn …“)

Der große Vorteil der Router-Kindersicherung ist, dass ihr nicht jeden Tag Polizei spielen und durchsetzen müsst, dass vereinbarte Zeiten eingehalten werden. Ist die eingestellte Zeit abgelaufen, bricht die Verbindung einfach ab. Ich liebe technische Lösungen.

Auch Vorhängeschlösser sind dann überflüssig.

Unter Experten herrscht Einigkeit darüber, dass Kinder unter 10 Jahren nicht unbeaufsichtigt im Internet surfen sollten. Aber seitdem schon Dreijährige auf Mamas Smartphone spielen, halte ich diese Maßgabe für so durchsetzbar wie Fahrradhelm-Pflicht für Teenager mit Glätteisen-Styling.

In meinen Elterntrainings habe ich auch geraten, sich dazu zu setzen und sich dafür zu interessieren, was die kleinen Nerds so treiben. Ich stand auch zu diesem Rat, bis ich merkte, dass ich immer seekrank werde, wenn ich rasanten Verfolgungsfahrten beiwohnen oder mit taumelnden Figuren auf schwankende Rampen hüpfen sollte, wo uns eine heruntersausende Betonplatte erwartete. Mir wird davon so übel, dass ich mich hinlegen muss und als Computer-Begleitperson ein Totalausfall bin.

Obwohl ich permanente Begleitung an „ihren“ Medien nicht für umsetzbar halte, finde ich es bei diesem Thema wichtig, ein paar Grenzen zu setzen.

Ich fasse mal zusammen, was meiner Erfahrung nach empfehlenswert ist:

  • Die Medien der Kinder nicht verteufeln, sich als Eltern dafür interessieren, sich mal zeigen lassen, welche Geschicklichkeit sie da erworben haben, nach Alter gestafffelt zeitliche Grenzen setzen.
  • Beim Grenzensetzen einen Router mit Kindersicherung nutzen.
  • Router werden gerne im Gesamtpaket vom Provider gratis mitgeliefert. Hier einmal „Stopp“ rufen und fragen, was das Modell so bietet. Bei uns ergab das Nachfragen, dass sogar das Standard-Modell diese Möglichkeit ohne Aufpreis enthält. Nicht locker lassen! Die Leute im Call-Center sind dafür meistens nicht geschult. Lasst euch weiter verbinden oder bittet sie, es für euch zu recherchieren und dann zurückzurufen.
  • Im Router die Jugendschutzfilter aktivieren (darauf ist wohl nicht hundertprozentig Verlass, aber besser als nichts).
  • Dort einrichten, wann und wie lange welches Kind ins Internet darf.
  • Solch eine Schleuse ist sinnvoll, bis sie 13 oder 14 Jahre alt sind. Danach muss der Jugendliche eigenverantwortlich damit umgehen können. Wenn nicht, sollte man sich nicht in hoffnungslose Kämpfe verbeißen, sondern Mantras malen und sich in Geduld üben.
  • Unbedingt das Buch „Netzgemüse. Aufzucht und Pflege der Generation Internet“ von Tanja und Jonny Haeusler lesen. Unsere Kindersicherung per Router verdanke ich diesem Buch. Die Autoren sind Experten für Themen wie Internet, Social Networks, Videospiele und Smartphones und haben zusammen zwei Söhne im brisanten Alter.
  • „YouTube ist … das Fernsehen der Generation unserer Kinder“, schreiben die Haeuslers (S.75). Um es ein wenig kindersicherer zu machen, solltet ihr auf dem Rechner, den das Kind benutzt, den „sicheren Modus“ für YouTube einschalten. Dazu scrollt ihr die YouTube-Seite ganz runter und findet dort einen Button „Sicherer Modus: an/aus“.
  • Für Kinder unter zehn Jahren bieten Router mit Jugendschutz-Option die Möglichkeit, „White“-Listen einzurichten. Dann kann ich drei oder vier Internetseiten für sie in der Liste verlinken und sie kommen auf nichts anderes drauf als auf diese Seiten. Es gibt auch eine „Black“-Liste für alle Seiten, auf die sie auf keinen Fall kommen sollten. Aber wer weiß schon, was es da alles gibt. Deshalb finde ich die „White“-Liste für Grundschulkinder optimal. Und sie kann ja mit dem Älterwerden erweitert werden.
Ist das hilfreich für euch? Welche Fragen sind noch offen? Was hat sich bei euch beim Thema Kinder- und Jugendschutz bewährt?
Immer fröhlich bleiben, nicht alles abwerten, was die Kinder so begeistert, und den Mumm haben, ein paar Grenzen zu ziehen.
Eure Uta
  • Liebe Uta, VIELEN DANK für den YT-Tipp! Meine Kinder sind 7 und 11 Jahre alt und YT ist ihre Lieblingsseite. Sie gucken harmlose Sachen wie Fußballvideos und hören sich die neuesten Songs an. Weil man aber wirklich nicht immer daneben stehen oder mithören kann, bin ich für den Tipp sehr dankbar!
    Liebe Grüße Michaela

  • Liebe Uta,
    bei uns hat sich die Kindersicherung der Fritz-Box ganz gut bewährt, da man wirklich viele Einstellungsmöglichkeiten hat. Für jüngere Kinder auf jeden Fall empfehlenswert. Neulich sprach dann aber mein Jüngster (14) fröhlich das aus, was ich schon länger befürchtete. „Weißt Du Mama, wenn ich wollte, bräuchte ich nur mit der App die mein Kumpel geschrieben hat, Dein Passwort knacken. Dann könnt ich die Zeiten selbst einstellen! Aber so werd ich dran erinnert, daß ich mal ins Bett gehen könnte und das finde ich eigentlich ganz gut.“ Charmantes Lächeln seinerseits – Lachanfall meinerseits. Seitdem sehen wir das Ganze als gut gemeinten Vorschlag – und das funktioniert fast genauso gut.
    Liebe Grüße Jeannette

    • Liebe Jeanette, das ist ja herrlich! Ist das nicht toll, dass sie selber Apps entwickeln? Von wegen immer nur Ballerspiele. Danke für deinen Kommentar! Herzlichst, Uta

  • Liebe Uta,
    ich bin da ja noch etwas von entfernt – habe mir die Tipps aber „notiert“.
    Ich war (und bin es immer noch) technisch eh etwas hinterm Mond.
    Kann mir evtl jemand sagen, ab wann Kinder i.d.R. mit einem Computer umgehen können? Ich habe gehört, dass es ab der dritten Klassen wohl Computer-Kurse in der Schule gibt … und, dass es realistisch ist, wenn ein Kind mit 8 oder fast 9 noch nicht so viel Ahnung davon hat.
    Liebe Uta, ich hoffe, es ok, wenn ich das hier zu „Recherche-Zwecken“ mal frage 🙂
    Liebe Grüße,
    Dorthe

    • Liebe Dorthe, dass dein Kind mit einem Computer umgehen kann, wird schneller passieren als dir lieb ist. Aber „richtig umgehen“ heißt ja auch Informationen recherchieren, Quellen hinterfragen und Präsentationen erstellen können. Dazu gibt es in den Schulen punktuell mal einen Kurs, dessen Qualität – wie immer im (Schul-)Leben – von den Fähigkeiten des Lehrers abhängt. Bei uns ging das erst auf der weiterführenden Schule so richtig los mit der Computer-Nutzung und da ist man auch als Eltern gefragt zu zeigen, wie man für ein Referat recherchiert. Aber das ist dann bald ein Selbstläufer und kehrt sich so um, dass die Kids uns zeigen müssen, wie es geht. Herzliche Grüße, Uta

    • Danke für die Antwort, liebe Uta. Dann passt das ja, dass Kinder mit 8 oder 9 Jahren da noch nicht so viel Wissen haben (müssen). Und ich setze da mal auf die Hilfe vom Papa, der spielt ja auch die Spiele aufm Ipad mit der Kleinen 😉 Also danke!
      Liebe Grüße,
      Dorthe

  • …genau so ist es, wie „Anonym“ es beschreibt. Die Kids sind uns ja immer eine Nasenlänge voraus…
    Ich kanns jetzt locker sehen, denn mit 15 ist ja, wie du schreibst, eh „Hopfen und Malz“ verloren.

    Der Sohn hat bis heute übrigens keinen pc in seinem Zimmer – Papa und Sohn haben ihre pcs im „Maschinenraum“.

    Liebe Grüße!

  • Auf dem Mac lässt sich das auch ganz wunderbar über das Gastkonto lösen…
    Aber danke für den Tip mit dem Router (trotzdem:))

  • Haha, schon morgens einen Lachanfall….Seekrank vom zugucken, zu schön *gacker* aber das versteh ich. Konzentriere mich auf mein Bügeleisen, wenn die Jungs am PC sind, so hab ich sie im Blick bzw. Ohr und schaffe mal die Wäsche 🙂
    Ein wichtiges Thema, auch hier gerade. Ich sammel einen ganzen Korb voll Tabletts, Smartphones und DS ein, bevor es die Anweisungen für die nächsten paar Stunden gibt. Dann latschen alle artig durch die Gegend, räumen auf und machen Hausaufgaben, bevor sie wieder zu DigitalZombies werden……na gut, macht mal. Ich guck mir gleich mal den Router an…..toller Tip . Dankeschön.

    LiebenGruß von Sandra

  • ….es ist ein Krampf, nein Kampf, den ich hier jeden Tag zu kämpfen habe. Sohn eins (14) ist nie satt und vergisst vor lauter Medienkonsum schnell das echte Leben. Neben der Zeitsperre klappt es bei uns im Moment ganz gut, dass ich das Internet mit tans halbstundenweise freischalten kann. Solidarische Grüße an alle Eltern, Uta

  • Toller Beitrag, wichtiges Thema lustig verpackt, das gefällt mir. Meine Jüngste ist 15, da gibt es keine Zeitsperre mehr, aber für jüngere Kinder find ich es gut.

  • Hallo Uta,

    bin durch Zufall bei Dir gelandet – was für ein Glück, denn das Thema ist bei uns auch schon echt aktuell. Die Achtjährige zeigt der Sechsjährigen schon wie Tablet und PC und Wischhandy funktionieren. Obwohl ich sehr PC-affin bin, oder gerade deswegen bin ich möglicherweise gar kein gutes Vorbild, denn ich bin selber viel im Netz und am PC unterwegs. Das liegt an meiner Arbeit. Dennoch möchte ich bei ihnen das Gucken in Bildschirme limitieren. Wir versuchen vier Stunden in der Woche nicht zu überschreiten. Es ist aber ein ständiger Kampf. Hast Du dazu auch noch Tipps? Ich habe das Gefühl, dass Kinder viel verpassen, wenn sie zu viel vor dem Bildschirm hocken. Wir haben ein ganz tolles Umfeld und die Kinder können sich eigentlich sehr frei bewegen. Was meinst Du ist akzeptabel an Zeit vor dem Bildschirm?

    Danke und LG
    Henrike

    • Liebe Henrike, streng auf die Zeit zu achten, war und ist mir zu mühsam. Das macht auch schnell schlechte Stimmung. Unter der Woche habe ich es nicht erlaubt, dass nachmittags bei uns der Fernseher lief. Da werden Hausaufgaben gemacht, draußen gespielt und/oder Freunde getroffen. Schon weil ich ja auch im Raum war und es nicht ertrage, wenn als Hintergrundgeräusch der Fernseher läuft. Als sie im Grundschulalter waren, war am frühen Abend eine Sendung erlaubt, aber mehr nicht. Nur wenn sie krank waren oder am Wochenende durften sie mal länger gucken. Heute sind sie ja schon älter (13 und 16). Wenn sie erst nachmittags aus der Schule kommen und am besten entspannen können, wenn sie noch mal die Lieblingsszene aus einem Film gucken möchten, ist das für mich okay. Liebe Grüße Uta

  • Zum Glück weiß mein Mann schon immer über alle Routerfunktionen bescheid und wir haben gleich die Zeitsperre aktiviert…
    Dein Buch-Tipp mit der Elterntrickkiste hört sich auch echt gut an… Gibt es so ein Buch vielleicht auch für Teenager?
    LG
    Christina

    • Liebe Christina, ich bin generell nicht so ein Freund von „Tricks“ im Umgang mit Kindern. Da schwingt mit, dass wir sie austricksen, und das tut keiner Beziehung gut. So habe ich in der „Elterntrickkiste“ auch nur Weniges gefunden, was ich wirklich hilfreich fand. Was Bücher über Teenager anbelangt, empfehle ich die Autoren Juul oder Rogge. Liebe Grüße, Uta

  • Ich habe deinen Beitrag erstaunlich interessiert gelesen, wenn man bedenkt, dass meine Kinder erst 3 und 7 sind. Aber man kann nicht früh genug informiert sein und ich bin großer Fan von deinen Tipps und Anregungen (Youtube habe ich schon mal auf „sicher“ eingestellt und ich als PC-Niete fühle mich ja immer so großartig, wenn ich sowas „herausgefunden“ habe ;-)).
    Schön Grüße
    Jutta

  • {"email":"Email address invalid","url":"Website address invalid","required":"Required field missing"}

    Uta


    Ich arbeite als Eltern-Coach, Buchautorin und Journalistin, bin Ehefrau und Mama (ein Sohn, eine Tochter) und kann es nicht lassen, dem Familien-Glück auf die Spur zu kommen. Ich forsche in Büchern, spreche mit Experten und teste alle Erkenntnisse in der Praxis. Nur was mich überzeugt, weil es das Leben mit Kindern wirklich erfüllender macht, schafft es auf diese Seite.

    Deine, Uta

    >