Wenn Elterntrainer ihrem Kind nicht zuhören
Gestern Abend waren wir zum Telefonieren mit Prinzessin (19) verabredet. Sie studiert jetzt in Lübeck. Von ihrem WG-Schreibtisch. Online.
Wir führten das Gespräch zu dritt. Sie, mein Mann und ich über Raumlautsprecher beim Abendbrot. Es ging unter anderem um eine Entscheidung, die sie zu treffen hat. Ob sie denn fahren würde, fragte ich. Und sie meinte, so kurz vorher könne sie nicht absagen. Das mache man nicht.
Wir brachen von dem aufgebackenen Landbrot ab. Die Kruste knackte. Launig waren wir Eltern uns einig, das geplante Unternehmen würde ihr gut tun. „Und sonst so? Hängt der Spiegel noch in der brüchigen Altbauwand?“ Wir tunkten Brot in Olivenöl, strichen Humus auf die Kante. „Gehst du spazieren mit der Freundin aus dem Mathe-Vorbereitungskurs? Bleibt die Uni auch im Dezember geschlossen?“ Einsilbigkeit in Lübeck. Schmatzende Vielsilbigkeit aus Hamburg.
„Morgen bringe ich ein Nikolaus-Päckchen für dich zur Post. Wird jemand da sein, um es entgegen zu nehmen?“ - „Ja, kein Problem. Danke!“
Kennt ihr das, dass man morgens mit einer Erkenntnis aufwacht? Es macht „Pling“ wie bei Wickie, dem kleinen Sohn von Wikingerhäuptling Halvar von Flake aus der Zeichentrickserie. So war es heute morgen bei mir. „Pling!“ Noch im Halbschlaf hörte ich Prinzessin sagen „So kurz vorher kann man nicht absagen. Das macht man nicht.“ Und mir wurde klar: Wir hatten ihr nicht zugehört. Vielleicht behagt ihr das Wochenend-Projekt gar nicht.
Im Morgengrauen schickte ich ihr eine Sprachnachricht. „Wir haben dir nicht zugehört. Das tut mir leid. Du brauchst es den Freunden nicht Recht zu machen. Und uns Eltern auch nicht. Guck, was dir jetzt gut tut und was du für dich vertreten kannst!“
Erkenntnisse des Tages:
- Wenn ich länger mit einem meiner Kinder nicht gesprochen habe, sind Dreiergespräche über Raumlautsprecher keine gute Idee. Organisatorisches kann man dabei gut klären, aber keine Nähe aufbauen. Das kann jedes Elternteil besser für sich im Zweier-Telefonat.
- Gut zuhören zu können, ist und bleibt eine Aufgabe für lebenslanges Lernen.
Welche Erfahrungen macht ihr in diesen Zeiten mit Familien-Kommunikation über Entfernungen hinweg?
Immer fröhlich bleiben und auf das „Pling“ vertrauen,
Eure Uta
PS: Nadine, du hast mein Buch gewonnen. Melde dich doch bitte, sonst muss ich es neu verlosen.
Ein Nachtrag: Jetzt bin ich gerade zurück von der Post. Ratet mal, was für Briefmarken ich bekam, als ich nach 60ern fragte?
Liebe Uta,
mal wieder ein schöner Blogbeitrag, danke dafür.
Ich musste schmunzeln, genau das Pling kenne ich!
Und deshalb heißt unser Hund auch Halvar, weil es bei dem eher nicht „plingt“, er aber so ein gutmütiger starker Kerl ist – wie der Halvar aus Flake.
Und die Briefmarken habe ich auch gekauft. Find ich auch so schön!
Ganz liebe Adventsgrüße,
Eleonore
Liebe Eleonore, wie wunderbar, von dir zu lesen. Danke! Halvar ist ein schöner Hunde-Name. Wenn einem der abends zu Füßen liegt … hach.
Ich wünsche dir eine schöne Advents- und Weihnachtszeit. Herzliche Grüße, Uta