Buch als Zapfsäule 

 03/05/2013

Wie ich endlich aus meiner Niedergeschlagenheit herausfand und beim Lesen Kraft schöpfte

Kennt ihr das, …
… wenn man dem nachjagt, was einen glücklich macht und darüber immer unglücklicher wird
… wenn man sich zwingt, der Tochter den Rücken zu kraulen, obwohl man selber ein paar Streicheleinheiten gebrauchen könnte
… wenn man zu einer Preisverleihung eingeladen ist, sich beim Friseur die Haare hochstecken lässt und allein die Meisen ganz aufgeregt darüber sind, weil sie auf dem toupierten Oberkopf einen wunderbaren neuen Nistplatz entdeckt haben
… wenn man ein Kleidungsstück kauft, das einem farblich nicht steht und furchtbar zwickt* (im Schwäbischen: „Arsch frisst Hose auf“)
… wenn man in einen Korb, randvoll mit nassen Socken in Schwarz-Grau-Blau, starrt, und nicht ein Fitzelchen Kraft in sich spürt, die erste Wäscheklammer aufzudrücken
… wenn man sich schämt, weil man alles hat (Mann, gesunde Kinder, Milchaufschäumer aus der Edelstahl-Edition und neuen Eyeliner mit Softhaarpinsel) und nicht jeden Moment in Dankbarkeit auf den Knien verbringt
… wenn man eine Ecke aufräumt und beim Wegtragen der störenden Teile in andere Ecken kommt, die auch dringend aufgeräumt werden müssen, und sich umzingelt fühlt von unaufgeräumten Ecken
… wenn man wie ein Blog-Kommentar-Junkie um den Laptop streicht und erschrickt, weil man ein XXL-Bedürfnis nach Anerkennung spürt und es zum Teufel jagen möchte
… wenn man überall „LOVE“ liest auf Shabby-Kissen, Geschenkpapieren, trendigen Holzbuchstaben auf Kaminsimsen ohne Kamin und Momente hat ohne den geringsten Hauch von „Love is in the air“
…. wenn man keine Lust hat, einen Post zu schreiben, obwohl einen „das doch immer so glücklich gemacht hat“ ….?
Also ich hatte ein paar Tage lang mit einer Niedergeschlagenheit zu kämpfen, die für einen klar denkenden Außenstehenden und für mich selber (das ist das Schlimmste) in keiner Weise nachzuvollziehen war.

Der Katzenabwehrgürtel am Ahorn unterm Nistkasten als Symbol für mein Innenleben.

Und dann kam der 1. Mai. Die Sonne mit ihrem Gescheine spottete meinem Unglück Hohn. Ich schlich in aller Frühe aus dem Bett, hatte die Eingebung, ich sollte nach „Gespräche mit Gott“ von Neale Donald Walsch greifen und verbrachte eine Stunde mit dem Band im Lesesessel.
Kennt ihr das auch, dass einem ein Buch in einer Situation genau die Worte schenkt, die man braucht. So ein Buch wie eine Zapfsäule. Einmal Super, volltanken bitte.

„Innerhalb der wahren Ordnung der Dinge tut man nichts, um glücklich zu sein – man ist glücklich und tut deshalb etwas. Man tut nicht etwas, um mitfühlend zu sein, man ist mitfühlend und handelt deshalb auf bestimmte Weise.“ (Neale Donald Walsch: Gespräche mit Gott,  S. 279)

Man tut nicht etwas, um als liebevolle Mutter dazustehen, man liebt … oder auch mal nicht. Alles andere ist unecht und nichts wert.
Es gibt nichts zu beweisen über mich oder über dich, es gibt kein richtig oder falsch in der Kindererziehung oder im Leben. Es gibt nur Dinge, die besser oder schlechter funktionieren.
Wenn man etwas tut, schreibt, kauft, backt oder umgräbt, weil man glaubt, man könnte seinen Wert als Person damit steigern, führt einen das früher oder später in den Burn-Out – egal um welche Art von Tun es sich handelt und egal, ob man Gymnastik macht oder nicht.
Ich las Seite um Seite, spürte meinen inneren Frieden zurückkehren, war voller Freude und Katzenhaare (Kampfschmusen mit Amy), fand Sonne und Hornveilchen nicht mehr kitschig und mich selbst wunderbar.
Prinzessin (12) kam die Treppe runter und kuschelte sich an mich. Mein Innenleben war auf Sendung. Denn wie sonst war zu erklären, dass sie mit mir Meisen guckte statt fern.
So gestärkt, hatte ich automatisch das Bedürfnis, gut zu mir zu sein. Ich duschte, verbrauchte eine halbe Dose Body-Butter, machte mir ein Müsli mit Früchten und genoss jede Haferflocke in meinem Mund.
Ich will euch nicht damit langweilen, dass ein wunderbarer Tag folgte. Ich will euch einfach nur sagen, dass ihr nichts über euch beweisen müsst. Gar nichts. Ich hab’s jetzt auch kapiert.
Immer schön fröhlich sein

Uta

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Titelbild von Andrea Piacquadio von Pexels. Vielen Dank!

  • Wie wunderbar geschrieben.
    Jaaaa, diese Momenten inklusive diesem Aha-Rückkehreffekt hatte ich die Tage auch.
    Und ein Buch aufzuschlagen und plötzlich diese innere Sicherheit und Zufriedenheit wieder zurückkehre zu lassen ist so schön.
    Manchmal braucht es solche Downs eben, für ein richtiges Hoch danach.
    Tja, ein Auf und Ab, das Leben.
    Wei schön.
    Dank für diesen zauebrhaften Post!
    GLG, MamaMia

  • Ach….
    Oh Ja!
    Immer schön, und verwunderlich, eigene Gedanken aufgeschrieben zu sehen…..
    Danke!
    (Mal sehen, vielleicht kaufe ich mir das Buch, obwohl es mir schwer fällt, solche Bücher zu lesen)
    Liebe Grüsse!

  • mmmh, ja, kenne ich auch alles! …und ärger mich dann selbst darüber. Es ist mal wieder schön, bei dir zu lesen!
    Glückliche Grüße! Sonja

  • Ja, das hat doch der alte Paulus schon gesagt . Ich bin nicht flott dabei mit Bibelzitaten. Aber der erste Korinther ist meine allerliebste Stelle…und hätten der Liebe nicht….
    Du hast es gut übersetzt für unser aller Alltag.
    Schönen Mai wünscht
    Lisa

  • Booaah, die oberen Gedanken könnten auch von mir sein, vor allem, das man alles hat und dennoch unzufrieden ist. Ich lese dann oft in Mütterblogs z.B. Deinem und fühle mich dann verstanden und merke es geht auch anderen so. Und schon geht es mir besser.

  • Also, ein besseres Foto zur Illustration deiner Seelenlage hätte es nicht geben können. Wusste sofort, wie es sich anfühlt…
    Was du zum Blog-Kommentar-Junkie & seinem XXL – Bedürfnis nach Anerkennung schreibst kenn ich auch nur zu gut. Doch deine Erkenntnisse haben nur bis heute bei mir gewirkt: Eine Leserin weniger! Catastrophy!
    Ich glaub, ich muss öfter hier lesen…
    Einen schönen Sonntag!
    Astrid

  • super, Uta, danke! Das macht Mut und gibt Kraft, dass man nicht allein ist mit solchen kuriosen Gefühlen/Gedanken manchmal 😉

    Hab ein schönes Wochenende & viele liebe Grüße
    Anne

  • ich glaube, wir sind zu sehr durch die Werbung beeinflusst und meinen nun, alles müsse immer wie aus dem Ei gepellt sein, die Kinder Klassenbeste, die Wäsche immer strahlend, der Garten eine Pracht……beliebigvortsetzbar….
    Wer das so nebenbei erledigt, alles gut, sehr schön, aber es gibt eben Zeiten im Leben, da hat man anderes zu tun.
    Meine 16jährige Tochter hat eine schwere Depression und weiß nicht, warum sie überhaupt noch da ist. Wenn sie einen guten Tag hat, bin ich auch glücklich und die unordentlichen Ecken und das „Unkraut“ im Garten (eigentlich ist das unser Kaninchenfutter) sind mir so was von egal. Vor allem die kleinere Schwester leidet unter der Krankheit der Größeren, dass auch sie Aufmerksamkeit braucht. So nutzen wir jede Gelegenheit um das Glück ein Stück weit zu genießen, wenn es denn gerade vorbei schaut. Aufräumen kann ich später…..

  • Einfach nur danke.
    Wie kommt es, daß frau im genau richtigen Moment auf Deinen Blog stößt und diese Worte lesen kann/darf?

    Freude darüber.

    Herzliche Grüße

    Elena

  • Ja. Genau. Danke für diesen ehrlichen Post!
    Wirklich schwer wird es aber nur dann, wenn man vergessen hat wie das mit dem Super-Voll-Auftanken geht.
    Weißt du was? Ich denke viel öfter zwischendurch an dich und deine aufbauenden Posts, als du Posts schreibst. Insofern bekommst du viel mehr imaginäre Kommentare hier als du lesen kannst :-).
    Alles Liebe, Katharina

  • Ich bin ganz beglückt von so viel Resonanz. Herzlichen Dank an alle! Und ich wünsche sehr, dass die erwähnte Tochter mit der schweren Depression ein Weg daraus findet.

    Herzlichst

    Uta

  • Sie sind ganz wunderbar und treffen es wie so oft auf den Punkt. Ein Text zum Ausdrucken und immer dabei haben.

  • Ich glaube Du bist nicht die Einzige die so gedacht hat und jetzt SO denkt! Schau Dir Deine Kommentare an! Aber ich danke Dir auch sehr und werde die nächsten Male, wenn mich mal wieder so ein blöder Gedanke beschleicht an DICH denken!

    Dankeschön!

    Ein wirklich toller Blog und ich schau wieder bei Dir vorbei :O)

    Liebe Grüße
    Kerstin

  • Bis zum nächsten Mal …! 😉 Aber gut wenn dann ein Buch im Regal steht!! 😉
    Mir geht es oft so. Alles passt nicht, alles nervt und am meisten nerve ich mich selbst! Dieses ewige Jammertal!! Und lese ich z.B. dann solch einen erheiternden Artikel oder es holt mich das richtige Buch auf den Boden zurück, überkommt mich eine wohlige Wärme. Eigentlich ganz einfach. Warum machen wir es uns dann immer so kompliziert?? 😉
    Ach, übrigen, auch im rheinischen heisst es „Arsch frisst Hose!“ 😉
    Liebe Grüße
    Claudia

  • Es ist gut, wenn man eien Quelle anzapfen kann, wann immer man mal wieder aus den Augen verliert, dass man nicht auf der Welt ist, um Erwartungen anderer zu erfüllen, in Kategorien zu passen udn vor allem nicht, um immer und überall pefekt zu sein. Oft deprimiert uns ja das Scheitern an unseren eigenen Erwartungen an uns selbst am meisten. Wir ewollen zu viel, zu perfekt und sofort – vor allem von uns selbst. Zu nemdnem sidn wir so streng, niemadnen schimpfen wir mehr, über niemanden meckern wir mehr und so zieht uns auch niemand mehr runter als wir selbst es können. Es gibt viele schlaue Bücher darüber, CDs und Kurse. Dann sagen wir immer „Ja, genau!“, geloben besserung und machen es eine Woche später wieder genauso. Gar nicht so leicht, nicht so streng mit sich selbst zu sein, um mehr mit sich eins zu sein. Nachsichtigkeit gegenüber der eigenen Unperfektheit ist eine der härtesten Aufgaben. Zumindest für mich.
    In den Momenten in denen ich es schaffe, bin ich frei. Wenn ein Buch dazu hilft, gut es auf den Nachttisch zu legen. Louise Hay auf die Ohren hilft auch. 🙂

    Herzlich, Katja

  • Sich selbst manchmal auszuhalten ist oft noch schwieriger als andere zu ertragen!

    Diese Löcher, in die man so aus voller Fahrt reingeraten kann, kennen wohl die meisten. Und ich mag auch deinen Gedanken, dass man eigentlich gar nicht *down* sein DÜRFTE, weil man nun – vorallem im Vergleich mit etwa Menschen in Kriegsgebieten, Krankheiten…. – nun wahrlich keinen Grund zum Jammern hätte. Und trotzdem…

    Ich kenne mittlerweile, hormanbedingt, die Tage, die eher Schlaglöcher gefährlich sind. Und ich weiß auch, die gehen wieder vorbei. Und ich weiß, dass das Leben nicht nur *Fun* ist, sondern ab und an harter Toback. Dann fällt mir diese Zeile ein *strebe behutsam danach, glücklich zu sein* – etwa so, wie du das machst.

    liebe Grüße aus F

  • Manches Mal entdeckt man beim Blogstöbern schöne Blogs…
    und mit viel Glück Posts, bei denen man denkt: Yes! Genau so ist es…;-)
    Übrigens, zum Thema Glück und Bücher: Ich lese gerade Richard Powers „Das größere Glück“…das schenkt mir im Moment nämlich genau die Worte, die ich brauche…
    Liebe Grüße
    Beate

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    Uta


    Ich arbeite als Eltern-Coach, Buchautorin und Journalistin, bin Ehefrau und Mama (ein Sohn, eine Tochter) und kann es nicht lassen, dem Familien-Glück auf die Spur zu kommen. Ich forsche in Büchern, spreche mit Experten und teste alle Erkenntnisse in der Praxis. Nur was mich überzeugt, weil es das Leben mit Kindern wirklich erfüllender macht, schafft es auf diese Seite.

    Deine, Uta

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